H89 - Wohn- und Geschäftshaus (Denkmal), Umbau u. Sanierung, München

Im Münchner Stadtteil Schwabing-West, in der engen, gekrümmten Hohenzollernstraße, stand ein verrußtes und schmuckloses Wohn- und Geschäftshaus, grob verputzt, dunkelbraun gestrichen, mit großen Fenstern und in der Mitte einem trutzigen Erker. Unsere Recherchen ergaben, dass das Gebäude ursprünglich im Jugendstil als elegantes Wohngebäude mit Stuck und Balkonen errichtet wurde. Nach schwerer Zerstörung im Krieg wurde es direkt im Anschluss als Not-Lazarett wieder aufgebaut - im Baustil der 1930er-Jahre.

Der Bauherr hatte anfangs eine Rekonstruktion der Jugendstilfassade im Sinn. Für ihn viel günstiger, konnten wir ihn von den Qualitäten des Bestandes überzeugen. Wir entwickelten Maßnahmen, die das düstere Gebäude in einem neuen Licht erscheinen ließen: Die Fenster der Straßenfassade wurden vereinheitlicht, indem wir überall dem Bestand exakt nachgebaute Sprossen-Kastenfenster einsetzen, auch dort, wo sie in der Zwischenzeit verloren gegangen waren. Die maroden Balkone und die rostige Feuerleiter im Hof wurden abgebrochen, stattdessen eine maßgeschneiderte Balkonanlage mit integrierter Feuerleiter errichtet. Auch das baufällige, geschlossene Garagengebäude im Innenhof konnte durch einen offenen, weit spannenden Carport ersetzt werden, mit Platz für drei Autos, zehn Fahrräder und einem Müllhaus aus Streckmetall (mit Mies-Ecken).

Als besonderes Highlight designten wir zusammen mit BEGA zwei fackelartige Leuchten an der Straßenseite, die an Albert Speers Olympiastadion-Fackeln in Berlin erinnern und damit den 30er-Jahre-Stil des Hauses noch einmal ganz bewusst betonen. Motiviert vom nahegelegenen Nordbad, einer verwandten Architektur von Karl Meitinger, tauchten wir den gesamten Baukörper unifarben in einen kräftigen KEIM-Ockerton. Für die hofseitigen Balkonbrüstungen und den (nicht realisierten) Außenaufzug entwickelten wir zusammen mit Glas Trösch ein goldenes Spezialglas, gewissermaßen „glänzendes Ocker“. Solnhofer Platten, Messing, ockerfarben gestrichene Putz- und Stahlbauteile, goldenes Glas, Eichenholz, sandfarbener Asphalt: Das Farb- und Materialkonzept des Hauses wirkt einheitlich, in sich stimmig, und passt zugleich gut zur eigentlichen Bauzeit. Nicht düster und abweisend, sondern ruhig, souverän und edel leuchtet das Gebäude heute im Münchner Häusermeer.